Entsetzen über Video von mutmaßlicher Enthauptung eines ukrainischen Soldaten
Ein Video von der mutmaßlichen Enthauptung eines ukrainischen Soldaten durch russische Truppen hat Entsetzen ausgelöst. Die UN-Mission zur Überwachung der Menschenrechte in der Ukraine nannte die Bilder am Mittwoch "grauenvoll", EU-Ratspräsident Charles Michel äußerte sich "schockiert". Die Bundesregierung nahm das Video "mit Bestürzung zur Kenntnis", betonte aber, sie habe keine eigenen Erkenntnisse über dessen Echtheit. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, das Video zeige Russland, "wie es ist".
Die Welt müsse sehen, "wie leichtfertig diese Bestien töten", sagte Selenskyj. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schrieb auf Twitter, Russland verhalte sich "schlimmer als der Islamische Staat". Die Dschihadistenmiliz IS hatte mehrfach Folter- und Enthauptungsvideos verbreitet. Es sei "absurd", dass Russland derzeit den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat habe, betonte Kuleba. Der ukrainische Geheimdienst nahm Ermittlungen zur Identität des Opfers und der Täter auf.
Das eine Minute und 40 Sekunden lange Video wird seit Dienstag in Onlinenetzwerken verbreitet. Darin ist ein Mann in Kampfanzug mit maskiertem Gesicht zu sehen, der einem noch lebenden, am Boden liegenden Mann mit einem Messer die Kehle durchschneidet. Ein weiterer Mann hinter der Kamera fordert auf Russisch dazu auf, den Kopf abzutrennen.
Als der Täter den abgeschnittenen Kopf in die Kamera hält, sagt jemand auf Russisch, der Kopf solle "in einen Sack gesteckt und an den Kommandeur geschickt" werden. Das Opfer trägt eine Uniform, auf der der ukrainische Dreizack und ein Totenkopf zu sehen sind.
Die UN-Mission zur Überwachung der Menschenrechte in der Ukraine äußerte sich "entsetzt" über die "grausamen" Aufnahmen. "Leider ist dies kein Einzelfall", erklärte die Mission und verwies auf ein weiteres Video, das "verstümmelte Leichen von offenbar ukrainischen Kriegsgefangenen" zeige. Die UN-Mission forderte Ermittlungen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Die EU-Kommission erklärte, sie habe keine Informationen über den Wahrheitsgehalt des Videos. Sollte es authentisch sein, wäre die Tötung eines Kriegsgefangenen "ein schwerwiegender Verstoß gegen die Genfer Konvention". Dies würde "einmal mehr die völlige Missachtung des humanitären Völkerrechts durch Russland" zeigen, sagte Kommissionssprecherin Nabila Massrali.
EU-Ratspräsident Charles Michel zeigte sich "schockiert von dem grausamen Video". "Rechenschaftspflicht und Gerechtigkeit müssen Vorrang vor Terror und Straflosigkeit haben. Die EU wird alles tun, um dies zu gewährleisten", schrieb Michel auf Twitter.
Moskau forderte eine "Prüfung" des Videos. "Wir leben in einer Welt der Fälschungen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
Moskau und Kiew beschuldigen sich immer wieder gegenseitig, Kriegsgefangene zu töten. Anfang März war ein Video aufgetaucht, das die Erschießung eines unbewaffneten ukrainischen Kriegsgefangenen durch russische Soldaten in einem Schützengraben zeigen soll. Im November zeigte sich Moskau empört über Videos, die die Tötung von einem Dutzend russischer Soldaten zeigen sollen, die sich zuvor der ukrainischen Armee ergeben haben sollen.
Im März hatte die UNO sowohl Russland als auch der Ukraine vorgeworfen, seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 Kriegsgefangene willkürlich ohne Gerichtsverfahren exekutiert zu haben.
D.Lombardi--IM