The Irish Press - Studie: Jeder vierte Viertklässler kann nicht richtig lesen - Politik alarmiert

Studie: Jeder vierte Viertklässler kann nicht richtig lesen - Politik alarmiert
Studie: Jeder vierte Viertklässler kann nicht richtig lesen - Politik alarmiert / Foto: Ina FASSBENDER - AFP/Archiv

Studie: Jeder vierte Viertklässler kann nicht richtig lesen - Politik alarmiert

Die Lesekompetenz deutscher Viertklässler hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert - jedes vierte Kind hat sogar gravierende Probleme. Zugleich hat der familiäre Hintergrund weiterhin enormen Einfluss auf den Bildungserfolg der Kinder, wie die am Dienstag veröffentlichte neue Iglu-Studie zeigt. Politikerinnen und Politiker aus Koalition und Opposition reagierten alarmiert, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft forderte deutlich mehr Geld für Bildung.

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In der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (Iglu) 2021 erreichten die deutschen Viertklässlerinnen und Viertklässler eine mittlere Lesekompetenz von 524 Punkten. Damit blieben sie im internationalen Vergleich im Mittelfeld. In der vorherigen Studie von 2016 hatten sie noch 537 Punkte erreicht.

Zugleich stieg der Anteil der sogenannten schwachen Lesenden von 18,9 auf 25,4 Prozent. "Ein Viertel unserer Viertklässler*innen in Deutschland erreicht nicht den international festgelegten Standard für eine Lesekompetenz, die für einen erfolgreichen Übergang vom Lesenlernen zum 'Lesen um zu lernen' notwendig ist", erläuterte dazu Studienleiterin Nele McElvany, TU Dortmund. Dies sei "bedenklich".

Zudem zeige die Untersuchung, "dass Kompetenzvorsprünge von Schüler*innen aus sozial privilegierten Familien gegenüber Kindern aus sozial weniger privilegierten Familien in Deutschland nach wie vor stark ausgeprägt sind", sagte McElvany. Seit Studienbeginn vor 20 Jahren habe sich bei Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit "praktisch nichts verändert".

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nannte die Daten zur Lesekompetenz "alarmierend". Gut lesen zu können, sei "eine der wichtigsten Grundkompetenzen und das Fundament für Bildungserfolg".

Die Studie zeige, "dass wir dringend eine bildungspolitische Trendwende benötigen", resümierte Stark-Watzinger. Sie verwies auf das sogenannte Startchancen-Programm, mit dem 4000 Schulen in sozial benachteiligter Lage ab dem Schuljahr 2024/2025 gefördert werden sollen. Der Bund stellt dafür eine Milliarde Euro jährlich bereit, die Länder sollen sich in gleicher Höhe beteiligen. Mit dem Programm könnten Bund und Länder "gemeinsam für mehr Chancengerechtigkeit sorgen", warb Stark-Watzinger.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU), erklärte, die Länder müssten "gemeinsam nach schnellen, wirksamen und nachhaltigen Lösungen suchen. Die Unterstützung durch den Bund ist hierbei außerordentlich wichtig."

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken forderte ein Vorziehen des Startchancen-Programms. Sie sei für "eine stufenweise Umsetzung, die noch in diesem Jahr mit den Grundschulen beginnt, denn auf den Anfang kommt es an", sagte Esken der Nachrichtenagentur AFP. "Die Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom Sozialhintergrund "dürfen wir nicht hinnehmen", mahnte Esken. Sie forderte zugleich die Länder auf, mehr gegen Lehrermangel zu unternehmen.

Die Grünen-Bildungsexpertin Nina Stahr nannte die Studienergebnisse "ein erneutes Warnsignal für die Bildungspolitik auf allen Ebenen". Sie forderte Bund und Länder auf, sich "zeitnah auf gemeinsame Eckpunkte für das Startchancen-Programm" zu einigen.

Linksfraktionsvize Nicole Gohlke forderte insgesamt mehr Geld. "Wir brauchen jegliche Ressourcen dort, wo die Grundlagen gelegt werden: in den Kitas und in den Grundschulen", erklärte sie. "Eine ausreichende Finanzierung, eine Fachkräfteoffensive und gezielte flächendeckende Sprach- und Leseförderprogramme sind dringend notwendig."

Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte zusätzliche Finanzmittel. Das Budget für das Startchancen-Programm müsse "deutlich aufgestockt werden", erklärte das für Schule zuständige GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze. Generell sei das deutsche Bildungssystem "seit Jahrzehnten dramatisch unterfinanziert". Die GEW wolle "ein 100-Milliarden-Euro-Programm für Investitionen in die Bildung".

Der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Gerhard Brand, kritisierte eine ritualisierte Empörung. "Das Messen der Wissenschaft und das Klagen der Politik kennen wir schon", sagte er. Die Frage sei, wie die Politik nun "wirklich Schulen und Lehrkräfte entlasten" wolle.

E.Colombo--IM